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Matthias Brock, Figurative Malerei

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  • Künstler/innen
  • Bildende Kunst

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Herbstspiegel

Herbstspiegel
2004, 200 x 300 cm, Öl auf Nesselleinwand

Tête à tête

Tête à tête
2004, 200 x 220 cm, Öl auf Nesselleinwand

Die großen Badenden

Die großen Badenden
2007, 250 x 400 cm, Öl auf Nesselleinwand

Nachmittag

Nachmittag
2005, 200 x 250 cm, Öl auf Nesselleinwand

Gipfeltreffen

Gipfeltreffen
2005, 200 x 300 cm, Öl auf Nesselleinwand

Le lever

Le lever
2002, 200 x 220 cm, Öl auf Nesselleinwand

Tangerine Dream

Tangerine Dream
2007, 130 x 200 cm, Öl auf Nesselleinwand

L\'élu

L\'élu
2005, 70 x 100 cm, Öl auf Nesselleinwand

L\'andalouse

L\'andalouse
2004, 195 x 245 cm, Öl auf Nesselleinwand

Iris

Iris
2005, 100 x 70 cm, Öl auf Nesselleinwand

Subtile Jagd

Subtile Jagd
2004, 150 x 280 cm, Öl auf Nesselleinwand

Karussell

Karussell
2005, 70 x 100 cm, Öl auf Nesselleinwand

Weitere Informationen

Prof. Dr. Manfred Schneckenburger


AN SCHÖNHEIT STERBEN

Als ich vor mehr als zehn Jahren einen ersten Text über die Bilder von Matthias Brock schrieb, hielt ich es für angemessen, einen kurzen Blick auf die Malerei ringsum zu werfen. Damals war die ganze Gattung (wieder einmal) ins Gerede geraten und allenthalben wurden Krisenszenarios mit kränkelnden Überlebensperspektiven an den Horizont projiziert. Schon damals fand ich, dass Brock mit all dem nicht zu tun hatte. Er malte, "als sei die Malerei eben und eigens für ihn erfunden: unverkrampft, aber nicht unreflektiert, vital, aber ohne gestische Attitüde, lustvoll, aber ohne skripturalen Selbstgenuss, dekorativ, aber ohne ästhetische Genügsamkeit..."

Das gilt nichtsdestoweniger auch für die neuen Bilder dieses genuinen Maltemperaments – nur, dass sie noch stärker, in ihrer Sinnlichkeit emphatischer und ihrer dialogischen Zuspitzung entschiedener geworden sind. Die Stillebenfrüchte ragen jetzt wie Monumente auf, wie organische Architekturen, die Raum verdrängen und sich mit satten Volumina breit machen. Ihr blank geputzter Oberflächenglanz hat eine Stofflichkeit und Perfektion, die Natur freistellt, steigert und als schiere Malerei neu hervorbringt. Die Eidechsen, Grashüpfer, Schmetterlinge, aber auch die behaarten Nager mit den langen Schwänzen bilden dazu nicht nur den lebhaftesten Kontrast – sie reflektieren das Licht flüchtiger, stumpfen es ab oder bringen es zum Vibrieren, huschen über den eigenen Schatten hinweg und nehmen ihn mit sich. Die Früchte werden, unangreifbar rund oder mit verführerisch bloß gelegtem Fleisch, zu Bastionen, die sich hermetisch abkapseln oder bereits angeknackst sind. Zu Herausforde-rungen mit stabiler Gegenwölbung, Bergfesten, auf die staksige Glieder zukriechen, der Peitschenkontur einer Eidechse hinschlängelt oder haarfeine Fühler sich recken.
Brock verdichtet darin Formkontraste zwischen bauchiger Rundung und bizarrer Eleganz, massivem Phlegma und aggressiver Zielstrebigkeit, lagernder Ruhe und nervöser Näherung: eine Welt zwischen passiver Zuständlichkeit und aktiver Anspannung, in der sich Naturgeschichte zuspitzt und Naturgeschichten andeuten...
Ausschnitte aus einem Lebensprozess, natura naturans, die mit ihrer Fülle prunkt und sich selber frisst.

Aber was für Ausschnitte! Brock rückt sein Hauptmotiv ganz dicht an unser Auge heran, stellt den Fokus für genoppte Orangenschalen oder die glatte Haut einer Birne so scharf ein, dass jede Unregelmäßigkeit, jeder Fleck zum Greifen nah erscheint. Er erreicht Effekte, die an niederländische Spezialisten für Stilleben und trompe l’ oeil erinnern – und bleibt doch ein peintre pur, der den farbigen Schatten und Lichtern in einer subtilen Feinmalerei mit dem Pinsel nachspürt. Er tastet die Oberflächen ab, schmeichelt ihnen mit dekorativer Farbigkeit und der Sorgfalt des Malvorgangs.
Genau beobachtende Akkuratesse und die befreite Lust am Kolorit sind hier kein Widerspruch. Jeder Pinselzug ist eine Hommage an die Pracht des Sicht- und Tastbaren und an die Malerei zugleich.

Indem Brock den Motiven ganz nahe kommt, isoliert er sie zugleich als ästhetische Augenweide. Leuchtende Lokalfarben und helles Kunstlicht grenzen, wie unter einem Vergrößerungsglas, mit einem eigenen Maßstab, einer eigenen Nähe und Chromatik aus. Doch die Nähe ist festgestellt. Der Fokus duldet weder ein Vor noch Zurück, wenn das Motiv die optimale Schärfe halten soll. Auch das stützt Statik und Monumentalität der Früchteberge, macht sie unverrückbar und konterkariert die zugreifende Flinkheit des Getiers. Hintergrund und Umfeld bleiben oft vollkommen neutral oder leer. Der monochrome helle oder dunkle Fond schließt gegen die Raumtiefe ab, ohne sie atmosphärisch aufzulösen oder flächenhaft abzudecken: ein Resonanzboden, der durch seine Abstraktion isoliert, den ornamentalen Zusammen-hang stärkt und die Farben voll zum Klingen bringt. Die leeren Flächen im Vordergrund sprechen nicht weniger mit. Wo immer sich Früchte oder Blüten von oben asymmetrisch ins Bild schieben und die Formatfläche teilen, entsteht ein aufsichtiges Spannungsfeld, das landschaftlichen Umraum suggeriert, eine Art Aufmarschzone für Reptilien und Insekten. Kompositionsmittel und tierische Strategie gehen ineinander auf.

Noch etwas ist erwähnenswert, wenngleich kaum nachweisbar. Manche Bilder bleiben stumm, auf anderen hören wir es vernehmlich knacken, knirschen, nagen, schleifen. Die kleinen Angreifer teilen sich so sinnenstark mit, dass ihre Gegenwärtigkeit fast in synästhetische Signale umschlägt. Selbst der Duft einer aufgeschnittenen Melone scheint in die Nase zu steigen. Reicht die Sinnlichkeit dieser Stilleben über den Augenschmaus hinaus?

Immer wieder Eidechsen, Insekten oder Mäuse, mit sich selbst und dem Objekt ihrer Begierde allein. Dazwischen baut sich eine Spannung auf, weit über Naturkundliches und virtuos Illustratives hinaus. Jedes Bild hat seine eigene Szenographie, in der Stirb und Werde, ohne einen Beiklang von Morbidität, oft nur einen Zungenschlag auseinander liegen. Deshalb sind diese Bilder nicht nur ein Fest für das Auge. Sie pointieren kleine Katastrophen und Triumphe aus dem Tier- und Pflanzenleben als Abglanz einer ebenso prachtvollen wie grausamen Natur. Als Signum ihrer Vitalität.
Auf zwei überwältigend prallen Pfirsichen hat sich, spitzbeinig abgestützt, eine Heuschrecke fest gefressen: eine Choreografie, in der das Kleine, Filigrane sich über das Große, Unüberwindliche hermacht. Auf dem abschüssigen Kampfplatz einer Kaki-Frucht am Baum überfällt ein zangenbewehrtes Monstrum eine grazile Libelle. Vor dem schwarzen Grund schimmern die Flügel – ein letztes Mal? – in allen Regenbogenfarben. Eine andere Räuberin pirscht sich wie ein groteskes Gespenst über ein Gebirge von Trauben an einen Schmetterling heran, der sich am äußersten Rand gütlich tut. Auch hier ein rascher Angriff von oben, vor der Kulisse betörend schön gemalter blauer Trauben. Immer wieder dieser perfekte Schmelz der Früchte, ihre verlockende Attraktivität, die den Tod als ein Sterben in Schönheit, an Schönheit ästhetisiert.

Es sind solche sorgsam ausgearbeiteten und durchdachten Szenen, die weit über Anekdotisches hinausgehen, Ansätze wie für Fabeln liefern und trotzdem nicht narrativ ausschweifen. Denn es bleibt bei Ansätzen, fruchtbaren Momenten, keinen ausgesponnenen Geschichten. Bei situativen Zuspitzungen, aber ohne Nutzanwendung, ohne Lehre, ohne Moral. Nichts wird vermenschlicht oder auch nur auf den Menschen bezogen. Letztlich ist alles Erzählerische auf Fresstrieb und Überleben reduziert. Selbst die Verheißungen der strahlenden Farben, das Goldorange der Pfirsiche, der dunkle Seidenglanz der Auberginen, der blaue Samt der Trauben sind Verlockungen – und können Fallen sein, wo Tod und Leben eng zusammen gehören. In dieser – auch menschlich nachvollziehbaren – Spannung stehen die Bilder. Das gibt ihnen ihre Ver-bindlichkeit zwischen gemaltem Epigramm, aufblitzendem Fabelmoment und katastrophaler Moritat. Dass die Malerei dabei nicht nur ein Mittel zum Zweck ist, sondern Voraussetzung und Basis für eine Feier der Schönheit, dass sie nicht nur Verlockungen vorführt, sondern selber verlockt, verleiht ihr in besonderer Weise Sinn. Diese Malerei ist notwendig, weil sie Inhalt ist und sie ist dekorativ, damit sie Inhalt sein kann, nicht als gefällige Ästhetik an der Oberfläche, sondern als kolori-stische Tiefe, kompositionelle Genauigkeit und rhythmisches Bildornament.

Wo die Spannung bereits aufgelöst ist, leuchtet Schönheit pur wie im Bild einer auf-
blühenden Orchidee. Oder braucht nicht sogar sie den modrigen Stamm, auf dem eine Ameise schon auf dem Weg ist? Am Ende tritt Feierlichkeit ein. Im "Kleinen Requiem" liegt eine tote Maus unter der roten Stachelsonne einer Blüte, die wie ein gefährlicher Strahlenkranz über ihr aufsteigt. Kam die Maus ihrer Glut zu nahe?
Drei tote Fische stapeln sich übereinander auf einer eisblauen Draperie, die in Stufen nach unten fällt: "Cascade". Hier genügt ein kompositorischer Akkord, um den Tod mit Assoziationen, ja emphatischen Erinnerungen aufzuladen. Beschwört das blaue Tischtuch, ohne jedes Pathos, die Fische in ihrer früheren Springlebendigkeit?
Brocks Bilder verführen zum Weiterspinnen. Sie erzählen die Geschichte nicht von Anfang und selten zu Ende, aber sie sind der Einstieg in einen größeren Zusammenhang. Ihre bildnerische Phantasie hat Flügel.

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